Der Auftritt mit der wohnungssuchenden Familie ist ausgefallen, sie haben jetzt glücklicherweise eine neuen Wohnung gefunden. Wir freuen uns natürlich sehr darüber, es ändert aber nichts am zugrunde liegenden Problem, dass günstiger Wohnraum zu knapp ist.
Die Stadt hat uns dazu eine Pressemitteilung zugeschickt, in der sie sich die Bautätigkeiten der Fürther Baugenossenschaften gleich mit an die Brust heftet. Auch so kann man Zahlen schönreden.
Wir wollen das natürlich nicht unwidersprochen lassen, deshalb haben wir einen offenen Brief zurückgeschrieben:
„Aktuelle Fakten zur Mieterwohnungssituation in Fürth“
Stellungnahme des Sozialforums zur PI des Bürgermeister- und Presseamts
An den Oberbürgermeister der Stadt Fürth, Herrn Dr. Thomas Jung
An den Aufsichtsratsvorsitzenden der WBG, Herrn Sepp Körbl
An die Sozialreferentin der Stadt Fürth, Frau Elisabeth Reichert
An die Fraktionen im Stadtrat
An die Redaktion der Fürther Nachrichten
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
In der PM des Bürgermeister- und Presseamtes wird auf die Aussage des Sozialforums „die gute Situation in Nürnberg betreffend“ verwiesen. Das ist objektiv unrichtig. Das Sozialforum hat genau das Gegenteil geschrieben, nämlich dass Nürnberg seine Fehler – im Gegensatz zu Fürth – einräumt.
Außerdem wird in der PM fahrlässig mit Begriffen jongliert. So wird die Zahl von 920 Wohnungssuchenden genannt. Dabei handelt es sich aber ausschließlich um Menschen bzw. Familien mit Wohnungsberechtigungsschein für eine belegungsgebundene (Sozial) Wohnung. Wohnungssuchende gibt es natürlich weit mehr! Der fahrlässige Umgang mit Zahlen setzt sich in der Aufzählung der Wohnungsbauten fort. So werden die Neubauten von Sozialwohnungen und andere Neubauten kunterbunt gemischt. In welcher Preiskategorie die geplanten Wohnungen anzusiedeln sind, ist ebenfalls unklar. Die Gesamtzahl all dieser Neubauten wird dann aber der Zahl auf der Warteliste gegenüber gestellt, die sich ausschließlich auf Sozialwohnungen bezieht. Das ist entweder Schlamperei oder bewusste Irreführung.
Absolut peinlich ist der Verweis auf die 90 Wohnungen im Sonnenturm. Ein dunkles Kapitel im Fürther sozialen Wohnungsbau. Ursprünglich gehörte das Gebäude der WBG, die es an das ESW verkaufte. Im Zuge der Generalsanierung mussten alle Altmieter ausziehen. Bei den Wohnungen handelte es sich ausschließlich um Sozialwohnungen, mit Mieten um 4€ pro Quadratmeter. Jetzt werden dort Mieten von 8€ verlangt. „Das werden sich viele der jetzigen Mieter nicht mehr leisten können“ (FN 24.03 2013). Und genau dieses Projekt dient jetzt als Beweis für die Aktivitäten im sozialen Wohnungsbau. Insgesamt wird durch Schönfärberei der dringende Handlungsbedarf vertuscht. Zusammenfassend müssen wir sagen, dass es für Wohnungssuchende, die teilweise schon jahrelang auf eine Sozialwohnung warten, absolut irrelevant ist, wenn es in den Nachbarstädten noch schlechter aussieht als in Fürth!
Eigenlob hilft da wenig. Auch in Fürth gäbe es Verbesserungen, die nicht genutzt werden. Der beste Beweis dafür ist, die Ablehnung des Antrags der Grünen, bei der Genehmigung von Bauprojekten eine Mindestquote von 25 % der vorgesehenen Wohnbauflächen für den geförderten Mietwohnungsbau vorzuschreiben. Nicht nur unsere Nachbarstädte Erlangen und Nürnberg haben vergleichbare Regelungen zum geförderten Mietwohnungs- und Eigenheimbau längst eingeführt.
Auf den Vorwurf des Sozialforums, dass von der WBG Tochter „Wohnfürth“ auf den wenigen Grundstücken, die noch in städtischem Besitz sind, keine Sozialwohnungen sondern ausschließlich Eigentumswohnungen gebaut werden, geht man gar nicht erst ein. Damit wird aber öffentliches Eigentum privatisiert, um Profit zu machen. Das Fürther Sozialforum unterstreicht deshalb noch einmal: Bezahlbarer Wohnraum ist Daseinsvorsorge und darf nicht für den Profit missbraucht werden.
Schließlich verweisen wir noch einmal auf den Art. 106 Satz 2 der Bayrischen Verfassung „Die Förderung des Baus billiger Wohnungen ist Aufgabe des Staates und der Gemeinden.“ Aber in der Aufstellung der Presse Information des Bürgermeister- und Presseamtes „Aktuelle Fakten zur Mieterwohnungssituation in Fürth“ werden lediglich 80 WBG Wohnungen aufgeführt, die im öffentlich geförderten Sozialwohnungsbau innerhalb von drei Jahren entstanden sind. Sämtliche andere Wohnungen sind von Baugenossenschaften oder Stiftungen gebaut. Ebenso wenig wird bei der Auflistung der geplanten Wohnungsbauvorhaben erwähnt, dass von 2010 bis zum Juni 2017 407 Wohnungen aus der Preisbindung gefallen sind, die meisten Neuplanungen also lediglich Ersatz sein können. Außerdem werden bis 2020 nochmals 301 Wohnungen aus der Mietpreisbindung fallen. Damit ist zu befürchten, dass die „rege Bautätigkeit“ im sozialen Wohnungsbau nicht einmal ausreichen wird, um wenigstens den Wegfall zu kompensieren!
Das Sozialforum bestreitet nicht, dass auch die WBG Anstrengungen für bezahlbaren Wohnraum unternommen hat, aber alles zusammen ist es kein Ruhmesblatt. Insofern ist es unseres Erachtens leicht nachvollziehbar, warum das Sozialforum nicht in das Fürther Eigenlob einfallen will.
Mit freundlichen Grüßen,
Stephan Stadlbauer
Ja und was gabs noch im Stadtrat:
Erfreulicherweise wird der Glyphosat – Verbrauch unter die Lupe genommen und Glyphosat – falls überhaupt genutzt – verbannt. Infos dazu auf der Seite der Fürther Nachrichten HIER.
Neue Kriterien für die Vergabe von Gewerbeflächen wurden auch beschlossen. Leider wurde der Antrag der Linken, nicht an Rüstungsfirmen zu vergeben, abgelehnt. Der Herr Oberbürgermeister, kräftig unterstützt von CSU und SPD, ist wieder einmal der Meinung, daß der Frieden zu viele Arbeitsplätze vernichtet.
Ansonsten hat der OB uns ex cathedra nahegelegt, doch auch mal etwas richtig Lobendes über die Arbeit der Stadtverwaltung zu sagen. Da haben wir uns natürlich gleich bemüht und im letzten Absatz unserer Stellungnahme nicht bestritten, dass auch die WBG Anstrengungen für bezahlbaren Wohnraum unternommen hat. Mit denen hat sie sich allerdings noch keine Orden verdient, aber mit etwas politischem Willen kann’s ja noch werden.
Die PM des Bürgermeister- und Presseamtes vom 20. Dezember 2017, mit der rosigen Färbung der traurigen Wirklichkeit, um die es geht, ist HIER einzusehen.