Stephan Stadlbauer hat bei Families for Future gesprochen, hier die Rede noch mal zum Nachlesen:
Die meisten Wissenschaftler sind sich einig: weiteres Wirtschaftswachstum können wir uns angesichts der Klimakatastrophe nicht mehr leisten!
Wir leben aber in einem Gesellschaftssystem in dem ein Einbruch des Wirtschaftswachstums als verheerende Katastrophe wahrgenommen wird, und ein Rückgang des Wachstums hat tatsächlich negative Auswirkungen auf große Teile der Weltbevölkerung. Vom Kurzarbeiter in der Autoindustrie bis zur arbeitslosen Näherin in Bangladesch.
Mit der Coronapandemie erlebten wir einen Wirtschaftseinbruch, einerseits eine Reduzierung des CO² -Ausstoßes mit sich brachte auf der anderen Seite aber dramatische Folgen hat mit Lohneinbußen, Verarmungsprozessen. In ärmeren Ländern drohen absolute Verarmungsprozesse bis hin zu Hungerkatastrophen, weil die Produktion für die reichen Länder eingebrochen ist. Milliarden Schulden wurden gemacht um ein erneutes Wirtschaftswachstum zu generieren, dass wir uns eigentlich nicht leisten können! Ein Wachstumstop ist in unserer Gesellschaftsordnung die Katastrophe. Das erklärt auch die völlig unzureichenden Maßnahmen der Politiker zur Eindämmung der Klimakatastrophe, die Wirtschaft muss ja florieren! Auch wir sind in dieses Wirtschaftssystem eingebunden.
Das dominierende kapitalistische Wirtschaftssystem ist auf permanentes Wachstum hin ausgerichtet und es benötigt für sein Funktionieren Wachstum. Es wird ja nur deshalb Geld investiert um damit noch mehr Geld zu verdienen, dass dann zusätzlich investiert wird um noch mehr zu produzieren. Aus Kapital noch mehr Kapital zu generieren ist der einzige Sinn dieser Produktionsweise. Immer produktivere Anlagen verbilligen Produkte und erfordern einen immer größeren Ausstoß um weiter Gewinne zu erzielen. Wer nicht mitmacht verliert im gnadenlosen Konkurrenzkampf und ist dem Untergang geweiht. Die Frage ob wir mit diesem Wirtschaftssystem die Klimakatastrophe verhindern können, kann sich jeder selbst beantworten.
Ja wir müssen die Produktion reduzieren, aber kann das heißen, dass die Slumbewohner in ihrem Elend bleiben müssen, dass wir für sie keine anständigen Wohnungen bauen weil bei der Zementproduktion viel CO² entsteht? Sollen sie weiter ohne Kanalisation leben ohne regelmäßige Versorgung mit Trinkwasser, ohne Stromversorgung,? Verlangen wir, dass sie weiterhin ohne ausreichende und abwechslungsreiche Ernährung um das bloße Überleben kämpfen müssen! Sollen wir ihnen sagen, tut uns Leid, wir leben über unsere Verhältnisse, ihr müsst euch noch mehr einschränken!
Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden bzw. sind schon jetzt sie die ersten Opfer der Klimakatastrophe, wenn wir unter den herrschenden Bedingungen das Wirtschaftswachstum einschränken, dann sind sie es die am schlimmsten davon getroffen werden, denn für sie wird dann gar nicht mehr produziert, weil sie arm sind, keinen interessanten Markt darstellen. Sie sind für Unternehmer uninteressant, sie können sich ihre Produkte nicht leisten. Da wird lieber für Europa für die Müllhalde produziert! Stichwort Obsoleszenz! Und bei einem Wirtschaftseinbruch bei uns verlieren sie ihre ausbeuterischen Arbeitsplätze, die ihnen gerade das Überleben sichern.
Produziert werden Waren für den Markt. Produziert wird für diejenigen die sich die Ware leisten können. Und so wird in Ländern für den Export angebaut, während gleichzeitig Menschen hungern.
Unter den gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen geht die Schere zwischen Arm und Reich noch immer weiter auf. Auch hier gibt es ähnliche Problemstellungen. Wenn wir z.B. die drastische Einschränkung der PKW-Produktion, oder die Einstellung des Braunkohleabbaus fordern, fordern müssen, kann uns die dadurch wachsende Arbeitslosigkeit nicht gleichgültig sein, denn wir werden den Kampf gegen die Klimakatstrophe nicht ohne und gegen die davon betroffenen gewinnen können. Sinnvolle Aufgaben gäbe es für die Betroffenen genug, aber unter den herrschenden Bedingungen bezahlt sie niemand dafür!
Wir müssen beides lösen, Die Klima- und Umweltkatstrophe stoppen und die schreiende soziale Ungerechtigkeit hier und vor Allem im Weltmaßstab lösen. Wir müssen dafür sorgen, dass eine Reduzierung der Produktion, nicht zur nicht zur sozialen Katastrophe wird. Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit, das eine wird ohne das andere nicht möglich sein.
10% der Weltbevölkerung sind verantwortlich für 45% der Emissionen Die unteren 50% lediglich für 13%. Und gerade sie müssen schon jetzt besonders unter den Auswirkungen der Klimakatastrophe leiden.
Ich befürchte unter den gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen werden wir diese Widersprüche nicht auflösen können. Dazu braucht es einen radikalen gesellschaftlichen Wandel, in dem gesellschaftlich entschieden wird was produziert wird was wirklich benötigt wird und am dringendsten benötigt wird, in dem die Produktion so gestaltet wird, dass möglichst wenig Schäden an der Umwelt und an den Arbeitenden anrichtet. Das bedeutet bei uns für einige auch deutlich weniger Konsum! Wir werden lernen, dass weniger Konsum (bei uns)nicht schlechtere Lebensqualität bedeuten muss, wenn ich dafür mehr Freizeit, mehr Lebenszeit in der ich meinen Interessen nachgehen kann bekomme.
Viele denken jetzt das ist unrealistisch und absurd. Ich meine aber unrealistisch und absurd ist es zu glauben, wir könnten die Klimakatastrophe verhindern wenn wir ein paar kleine Veränderungen vornehmen. Ein paar Windräder bauen und ansonsten so weiter machen wie bisher.
Nun diese Überlegungen sind nicht auf meinem Mist gewachsen! Etliche Autoren sind zu diesen Schlüssen gekommen, z. B. Naomi Klein die eines ihrer Bücher entsprechend titelt: Die Entscheidung Kapitalismus versus Klima. Und sie ist sehr optimistisch dass „Wir“ diese Auseinandersetzung gewinnen. Oder Kathrin Hartmann mit grüner wird’s nicht. Für sie stellt sich die Frage
„ ob wir es schaffen eine Transformation auf den Weg zu bringen die eine so schöne Utopie zum Ziel hat wie ökologische und soziale Gerechtigkeit auf der ganzen Welt. Ob wir also glauben wir könnten den Klimaschutz innerhalb des Kapitalismus erreichen, innerhalb des Systems, das die Klimakatastrophe erst hervorgebracht hat. Oder ob wir an einem Systemwechsel arbeiten, indem wir zuerst einmal die ökologische und die soziale Frage als ein und dieselbe begreifen.
Und sie fragt weiter: Wer profitiert noch immer von den Verhältnissen wie sie sind? Wer verhindert diese Alternativen?
Das Zeitfenster zur Eindämmung der Klimakatstrophe ist kurz, die Aufgabe ist gewaltig, die Gegner stark, aber Resignation können wir uns nicht leisten.
Und so müssen wir halt hier vor Ort mühsam auch für kleine Veränderungen kämpfen um den Weg in die Katastrophe zumindest schon mal ein bisschen zu verlangsamen aber wir dürfen auf keinen Fall das große Ziel aus den Augen zu verlieren. Klar muss sein: Nur mit individuellen Verhaltensänderungen werden wir die Katastrophe nicht aufhalten können!
Ein Beispiel vor Ort, wie Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zusammengehen. Das 365€-Ticket für den ÖPNV (unter Vorbehalt!)und vor allem das Sozialticket das es ab Januar geben wird. In Fürth allerdings nur mit Ausschlusszeiten und beschränkt auf das Stadtgebiet Fürth, das finde ich erbärmlich von den Stadträtinnen sowas zu beschließen, trotzdem eine Verbesserung, seit über zehn Jahren kämpfen wir für ein Sozialticket für 15€! Und wir werden weiter kämpfen, für ein Sozialticket ohne die beschriebenen Einschränkungen und für den Nulltarif im ÖPNV. Utopisch? Gibt es schon in anderen Städten!