Sind die Atzelsberger Beschlüsse wieder auferstanden?

Die Stadt will jedenfalls dafür sorgen, dass es geschieht – gegen jede Vernunft und ohne Rücksicht auf die gerade erst beschlossenen Klimaziele sollen die Fahrpreise erhöht werden.

Der Geist von Atzelsberg, den wir schon beerdigt hatten, kam wieder aus seiner Gruft. Ein breites Bündnis von Parteien und Initiativen erwartete ihn. Wir haben ihn dann wieder zurückgetrieben, wie man hier sehen kann:

Leider folgten uns nicht alle StadträtInnen.

Hier zum Nachlesen einige der Redebeiträge:

Beitrag von Bettina Wagegg, LINKE

79%! Um 79% sind für ÖPNV Nutzer*innen die Fahrpreise zwischen 2000 und 2018 gestiegen. Zum Vergleich: Bei Autos waren es nur 40%. Und nun werden mit der Zustimmung zur Erhöhung von 5,5% den Fahrgästen des VGN nochmal mehr Kosten aufgebürdet. Und das, obwohl der VGN bereits im Vergleich zu Städten wie München oder Stuttgart deutlich teurer ist. Zumindest hat dies eine Erhebung des ADAC von 2019 gezeigt.

Wir von der LINKEN sagen: Wenn hier in unserer Region die Verkehrswende eingeläutet werden soll, dann garantiert nicht auf diesem Weg. Wenn wir den 50% Autoanteil am Berufsverkehr runterkriegen wollen, dann garantiert nicht auf diesem Weg. Eine Verkehrswende, die so wichtig wäre für den Klimaschutz und auch die Lebensqualität in unseren Städten. Letztendlich bedeutet weniger motorisierter Verkehr ganz konkret für uns Alle eine bessere Luftqualität, weniger Gefahren für Fußgänger- und Radfahrer*innen und schlichtweg mehr Raum für Alle und nicht nur mehr vorbehalten für Autos! Und um das hin zubekommen müssen wir die richtigen Anreize schaffen, dass Menschen von Auto auf ÖPNV umsteigen. Und nein, eine Fahrradstraße allein wird nicht reichen, um Menschen dazu zu animieren, ihr Auto stehen zu lassen, wenn sie es könnten. Nicht, solange das Auto immer noch die günstigere Alternative zu Bus und Bahn ist. Tatsache ist nämlich, dass zumindest bis zur Corona Krise jeden Tag bis zu ca. 40.000 Menschen nach oder von Fürth aus pendelten. Hier wird das Fahrrad nicht immer als Transportmittel möglich sein. Die Kombination wird es also ausmachen. Dass ich sichere Fahrradwege zum Bahnhof oder zur Bushaltestelle habe und dann günstig weiterkomme, am besten noch mit einem genügend großem Angebot an Fahrradparkplätzen.

Und was ist mit denjenigen, die auch ohne zusätzliche Anreize den ÖPNV nutzen oder sogar nützen müssen? Die nicht einfach sagen können „Dann nehme ich halt das Auto, weil billiger!“? Die nicht einfach im Homeoffice arbeiten können? Weder während und schon gar nicht nach der Coronakrise. So sieht keine sozial gerechte Verkehrspolitik aus! Mobilität ist schließlich kein Luxus, sondern unabdingbar. Unabdingbar, um zur Arbeit zu fahren oder in die Schule zu kommen oder um Besorgungen zu erledigen. Auch mit Kurzarbeit. Oder wenn man gerade mal den Mindestlohn verdient. Oder sich als Teil eines Kulturbetriebs mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten muss, da gerade nichts läuft. Sehr viele Menschen hatten und haben schließlich während der Corona Krise mit starken finanziellen Einbußen zu kämpfen. Und nun, da endlich vielleicht eine Erholung in Sicht ist, werden die Leute nochmal mehr zur Kasse gebeten.

Als DIE LINKE können wir diesen Beschluss nicht nachvollziehen. Gerade jetzt, da sich immer größere Teile der Bevölkerung für einen kostenlosen Nahverkehr aussprechen und umsteigen würden, und zwar aus allen Bevölkerungsgruppen und -schichten, wäre dies das falsche Signal. Die Menschen haben die Zeichen der Zeit erkannt. Deshalb sollten wir uns an Beispielen wie Luxemburg orientieren, welches als erstes Land der Welt den öffentlichen Verkehr kostenfrei anbietet. Und nicht den Autoverkehr wieder attraktiver machen. Ja, öffentlicher Nahverkehr kostet Geld. Aber der Unterhalt oder Bau von Straßen oder Parkplätzen oder sogar Parkuhren und Entwässerungssystem kostet uns alle auch sehr viel. Der VCD ermittelte, dass ca. 150€ pro Bürger*in für den städtischen, motorisierten Individualverkehr ausgegeben wird. Das bezahlen wir alle. Staatliche Subventionen noch nicht mitgerechnet. Und niemand verlangt, dass wir morgen bereits luxemburgische Zustände haben, jedoch sollte unser Kompass in diese Richtung zeigen und wir sollten uns langsam auf den Weg dahin machen oder zumindest deutlich günstiger werden.

Links zu externen Quellen:
https://link.springer.com/article/10.1007/s41025-020-00207-y
https://www.zeit.de/mobilitaet/2019-09/oeffentlicher-nahverkehr-mobilitaet-kosten-preissteigerung-investitionen#:~:text=Denn%20die%20Preise%20im%20%C3%B6ffentlichen,Versicherung%20und%20Stellplatz%20schon%20eingerechnet.
https://www.vcd.org/themen/verkehrspolitik/kostenwahrheit-im-verkehr/
https://www.adac.de/reise-freizeit/ratgeber/tests/oepnv-preise-vergleich/
https://www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen/staedte-in-bewegung/?tx_agorathemen_themenliste%5Babbildung%5D=3572&tx_agorathemen_themenliste%5Bdateityp%5D=pdf&cHash=c2aad32d2af06159fb8cfcfbe0bca944

Bei Fragen bitte Mail an: bettina.wagegg@die-linke-fuerth.de

Beitrag von Lena Somchor, DKP

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter um einen sozialen Nahverkehr,
rund 5000 Menschen sitzen in diesem Moment im Gefängnis, weil sie eine Geldstrafe nicht bezahlen können. Ein großer Teil von ihnen ist wiederholt ohne Ticket mit dem öffentlichen Nahverkehr gefahren. Dabei geht es nicht um den entstandenen Schaden, denn der ist nicht vorhanden, da viele Schwarzfahrer sich das legal fahren einfach nicht leisten können. Eben so wenig geht es bei der Verfolgung von Diebstahl entsorgter Lebensmittel um Verluste der Lebensmittelindustrie oder des Handels. Es geht ums Prinzip.
Und dieses Prinzip heißt im Kapitalismus „Profit“. Durch das Etikettieren mit einem Preis der Waren und Dienstleistungen gegeben wird, kann mit diesen überhaupt erst Gewinn erwirtschaftet werden. Als wäre es ein Naturgesetz, werden in unserer Gesellschaft immer mehr Bereiche dieser Logik unterworfen. Von Gesundheit über Wasserversorgung, Energie, Wohnraum, Kultur, Freizeit, bis hin zur Mobilität wird dabei der Preis für alle die darauf angewiesen sind so weit wie eben möglich erhöht. Doch auch wenn immer wieder die Kosten betont werden: es ist kein Naturgesetz, dass immer mehr Bereiche unseres Lebens dem kapitalistischen Wirtschaften unterworfen werden. Es ist lediglich eine politische Entscheidung, welche Bereiche aus öffentlichen Geldern finanziert werden ohne das groß über die Kosten diskutiert wird.
Die heutige Politik sieht da ganz klar zum Beispiel Militärausgaben. Mit medialer Stimmungsmache wird das Bild einer Bundeswehr geschaffen, die am Rande der Einsatzfähigkeit agiert. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Auslandseinsätze seit deren Beginn 1991 stetig vermehrt. Und in den letzten 20 Jahren haben sich die Ausgaben für die Bundeswehr fast verdoppelt auf mittlerweile über 45 Milliarden jährlich. Der Sicherheit der Menschen hat diese Entwicklung nicht genutzt. Den wo die Bundeswehr und ihre Bündnispartner im Einsatz sind steht ganz offen die Sicherheit der dort agierenden westlichen Unternehmen im Fokus. Gleichzeitig würde alleine die Finanzierung eines bundesweit kostenlosen öffentlichen Nahverkehrs laut Expertenschätzungen rund 15 Milliarden Euro kosten. Zusammen mit den 21 Milliarden Euro die für die Zahlung von Hartz 4 im Haushalt angegeben werden, sehen wir als DKP da auch kurzfristig noch reichlich Luft nach oben für den dringend benötigten Ausbau von Nahverkehr und Fahrradinfrastruktur, wie auch die deutliche Anhebung der Grundsicherung.
Stattdessen erklären Wirtschaftsverbände und die herrschende Politik Gesundheit, Rente und auch Mobilität, zu Bereichen die sich „rechnen“ müssen. Hier stellt sich uns die Frage: Wie rechnet sich für uns ein Bundeswehreinsatz in Mali, der die Sicherung von Bodenschätzen und deren Transport nach Europa im Fokus hat – die selbstverständlich abgewickelt werden von privatwirtschaftlichen Großunternehmen?
Und auch die gegenwärtige Krisenbewältigung zeigt eindeutig wo die herrschende Politik ihre Aufgabe der Unterstützung sieht. Während große Unternehmen – die meist auch noch verhältnismäßig wenig Steuern zahlen – momentan über Kurzarbeit und Rettungspakete staatlich subventioniert werden, soll die Zeche an anderer Stelle eingetrieben werden: In Nürnberg wird beim Ferienprogramm für Kinder gespart, in Bamberg die Gelder für Kultur gekürzt, in Fürth werden die Fahrpreise für den öffentlichen Nahverkehr angehoben. Weitere Einsparungen zu unseren Lasten sind für die kommenden Jahre zu erwarten.
Wir Kommunistinnen und Kommunisten wissen, was zu den Grundbedürfnissen zählt ist Ergebnis eines gesellschaftlichen Fortschritts und auch eines Kampfes der Menschen um ihre Bedürfnisse – in Konkurrenz zu den Bedürfnissen der Unternehmen. Wir treten an, die in der Vergangenheit erkämpften Grundbedürfnisse zu verteidigen! Dazu gehört der Kampf gegen sämtliche Privatisierungen öffentlichen Eigentums – denn nur so kann sichergestellt werden, dass es unseren Bedürfnissen dient! Dazu gehört die Verteidigung der Tarifverträge und sich zu wehren gegen die Erhöhung der Arbeitszeit und die zunehmende Belastung am Arbeitsplatz! Dazu gehören aber auch die Kämpfe für den Schutz des knappen Wohnraums vor Profitmacherei und Spekulation. Dazu gehört natürlich auch der Kampf für kulturelle Räume und die Sicherstellung der Finanzierung der bestehenden.
Heute stehen wir hier gemeinsam mit euch für einen Nahverkehr, der den Menschen dient. Eine Erhöhung der Preise ist damit unvereinbar. Stattdessen ist es Aufgabe einer Stadtpolitik, den Ausbau voranzutreiben und jedem den Zugang zu ermöglichen – und das ist am effektivsten und sozialsten langfristig nur möglich, wenn unsere Busse und Bahnen kostenlos fahren!
Vielen Dank!
Christoph Wallnöver von den Grünen ist Busfahrer bei der Infra und konnte aus seiner Perspektive  interessante Informationen beitragen.
Waltraud Galaske beleuchtete für den Bund Naturschutz die Umweltaspekte.